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Die grosse Weinprobe – alkoholfreie Rotweine

Wenn man so Wein affin ist wie ich, wird der Alkohol wohl immer eine Gratwanderung. Deshalb befasse ich mich momentan mit alkoholfreien, schmackhaften Speisebegleitern. Gar nicht einfach. Das einzige, was ich absolut top finde, sind die aktuellen alkoholfreien Biere. Deren Entwicklung hat aber schon vor Jahrzehnten begonnen. Als Weinfan trinke ich natürlich nicht so oft Bier, aber wenn, dann fast nur alkoholfrei. Beim Bier gibt es gemäss Wiki zwei Methoden:

  • Vakuumdestillation oder Umkehrosmose des fertigen alkoholischen Bieres
  • Vorzeitiger Abbruch der Gärung bei 0.5% Alkohol

Beim Wein ist das leider meiner Meinung nach (noch) eine Katastrophe. Die wenigen alkoholfreien in Supermärkten habe ich alle durchgemacht und finde sie scheusslich. Und die (wenigen) Fachartikel in den Weinmedien spielen einem etwas vor. Sie sprechen vom Durchbruch dank Vakuum-Destillation. Aber das machen mittlerweile alle so. Siehe auch oben beim Bier. Dabei wird der Wein nahezu unter Vakuum gesetzt und dadurch sinkt die Siedetemperatur des Alkohols auf unter 30°C. Wie beim Schnaps brennen verdampft der Alkohol auch beim Wein zuerst und zurück bleibt der alkoholfreie „Wein“. Da der Wein nicht erhitzt werden muss, soll das Verfahren Aroma schonend sein. Das klingt aber wie ein Witz: die aktuellen vakuumdestillierten Weine haben ja fast kein Aroma. Wie sollen denn die früheren gewesen sein? Die Hersteller der alkoholfreien Weine sind übrigens alles Top Winemaker. Zuoberst Torres in Katalonien. Es liegt nicht an denen, sondern an der noch nicht erfundenen Methode, den Alkohol zu entfernen ohne die weintypische Sensorik zu zerstören. Ich kenne mich zu wenig aus, um sagen zu können, weshalb das mittlerweile beim Bier so super funktioniert aber nicht beim Wein.

Trotzdem machte ich mich auf die genauere Suche nach noch mehr alkoholfreien Weinen, um sie zu vergleichen und bewerten. Vielleicht finde ich ja noch ein Wunder, dachte ich mir. Zuerst 6 rote Weine. Die roten waren noch schlechter als die weissen nach meinen bisherigen Erfahrungen.

Man muss bei den alkoholfreien unterscheiden zwischen Winzern und Herstellern. Denn es gibt welche Hersteller (z.B. in Berlin und Schweden), die Wein aus dem Süden importieren und ihn dann in ihren Werken destillieren. Die anderen sind traditionelle Winzer, die neben ihren normalen Weinen neu auch alkoholfreie anbieten. Gewöhnungsbedürftig ist auch, dass die meisten keinen Jahrgang angeben. Möglicherweise werden mehrere Restbestände von verschiedenen Jahren gemischt?

Ich habe recherchiert und bei Flaschenpost.ch die grösste Auswahl in der Schweiz gefunden:

  • 10 rote
  • 16 weisse
  • 4 rosé
Vermarkter/HerstellerWinzer/Region
Kolonne Null (Berlin, D)Weingut Poss (Nahe, D)
Axel Pauly (Mosel, D)
Les Quatres Tours (Provence, F)
Mas que vinos (Toledo, E)
Weingut Fürst Löwenstein (Franken, D)
Oddbird (S)Veneto I
Torres (E)Torres (Katalonien, E)
Princess (Trentino, I)Princess (Trentino, I)
Vincente Gandia (E)Vincente Gandia (Valencia, E)
Château Constellation (VS)Château Constellation (Sion, VS)
Leitz (Geisenheim, D)Leitz (Geisenheim, D)
Weingut Dr. Loosen (D)Weingut Dr. Loosen (D)
José Maria Da Fonseca (P)José Maria Da Fonseca (P)
Weinhaus Bergdolt-Reif & Nett (Pfalz, D)Weinhaus Bergdolt-Reif & Nett (Pfalz, D)
Frédéric Brochet (Loire, F)Frédéric Brochet (Loire, F)
Ariel (Kalifornien, USA)Ariel (Kalifornien, USA)
Casa Emma (Toskana, I)Casa Emma (Toskana, I)
Pierre Chavin (Languedoc, F)Pierre Chavin (Languedoc, F)
Hofstätter (Südtirol, I)Hofstätter (Südtirol, I)

Als erstes bestellte ich 6 alkoholfreie Rotweine:

Meine Degu mit Rating:

Die Zusammenfassung:

  • Alle sehen schön aus. Wertiger Flaschenauftritt, klare schöne Farben.
  • Preise zwischen CHF 10 und 18. Also keine Billigstware.
  • Grossmehrheitlich saubere Geruchstöne.
  • Sehr, sehr verhaltene Aroma-Intensität in Nase und Gaumen. Erinnern alle sehr stark einfach an Traubensaft.
  • Noch weniger Säure als Alkohol. Für mich fast das grösste Problem!
  • Sehr wenig Tannin. Aber die einen immerhin ein bisschen. Das war ein kleiner Aufsteller.
  • Abgang der geringen Intensität entsprechend auch sehr bescheiden.
  • Die grössten Unterschiede gibt es bei der Restsüsse. Diejenigen mit etwas Süsse haben den besten Aromaeindruck. Kein Wunder: Alkohol, Fett und Zucker sind bekanntlich Aromaträger.

Fazit:

Ich bin froh, dass ich das Experiment wagte. Das erhoffte Wunder hat sich aber nicht eingestellt. Es ist verrückt, wieviel der Alkohol offenbar zum Aromaeindruck beiträgt. Man würde sagen 90%. Alle 6 würden als „normale“ Weine mit übelster Qualität abschneiden. Aromen und Tannin sind durch die Destillation praktisch verschwunden. Die Säure fehlt total. Das wundert mich sehr. Könnte man wenigstens Apfel- oder Milchsäure künstlich beigeben? Und könnte man die entalkoholisierten Weine (nochmals) im Eichenfass ausbauen? Bei PIWI Trauben, die ich auch selber anbaue, wirkt das gemäss PIWI Winzer-Profis Wunder, sowohl bezüglich Aromenvielfalt als auch Tannin.

Es gibt immerhin ein Ranking. Der billigste ist der beste 🙂 Aus Portugal. Bravo! Von dem werde ich vielleicht noch ein paar Flaschen kaufen. Und dann bestelle ich 6 weisse 0%er. Werde dann entsprechend darüber berichten.

Aktuell gefallen mir als 0% Traubengetränke die weissen trockenen Schäumer weitaus am besten. Z.B. Rimuss Bianco Sparkling dry. Auch wenn dry natürlich alles andere als trocken heisst.

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